Herrn Landrat
Reiner Wegner
Bischof-Janssen-Str. 31
31134 Hildesheim
Antrag zur Tagesordnung gem. § 7 GO und Anfrage gem. § 18 GO Mindestausstattung und Finanzierung der KiTas
Hildesheim, 13.05.2015
Sehr geehrter Herr Landrat Wegner,
wir bitten Sie, den Beratungspunkt “Mindestausstattung und Finanzierung der KiTas“ in die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Sozialausschusses aufzunehmen.
Begründung:
Die Hildesheimer Allgemeine berichtete am 07. und 09. Mai über einen Erlass des Kultusministeriums aus dem Jahre 1993, der die örtlichen Träger der Jugendhilfe verpflichte, bestimmte personelle Mindestanforderungen einzuhalten und eine angemessene Vertretungskapazität (sog. Feuerwehrkräfte) vorzuhalten. Hierzu werden von der Presse sinngemäß folgenden Äußerungen aus der Hildesheimer Stadtverwaltung wiedergegeben: Die Verwaltung der Stadt Hildesheim habe die Regelung wie in anderen Gemeinden mit Wissen des Landes nicht ausreichend umgesetzt. Die Stadtverwaltung kritisiere nicht, wenn das Kultusministerium nun die Umsetzung des Erlasses verlange, dessen Umsetzung erfordere jedoch bis zu 40 zusätzliche Kräfte und Kosten bis zu 1,8 Mio. € im Jahr; man könne froh sein, bisher die 1,8 Mio. € gespart zu haben.
Der Landtagsabgeordnete Herr Lynack – so die Presse – gehe davon aus, dass die Landesregierung seinerzeit (1993) durch den Finanzausgleich dafür gesorgt habe, dass die Kommunen die Stellen (für die Feuerwehrkräfte) finanzieren können.
Sehr geehrter Herr Wegner,
die o. a. Presseberichte skizzieren einen seltsamen Sachverhalt und vermitteln den Eindruck, die Gemeinden seinen zur Umsetzung und Finanzierung von Forderungen hinsichtlich der personellen, sächlichen oder sonstigen Ausstattung von KiTas verpflichtet, die nicht durch Gesetz oder Verordnung, sondern durch einen Erlass bestimmt seien. Im Übrigen könnten oder würden Beamte des Kultusministeriums darüber entscheiden, ob solche Vorgaben einzuhalten sind.
Ferner berichtet die Presse, nach Angaben der Hildesheimer Stadtverwaltung habe das Land die unzureichende Umsetzung der Forderung zum Einsatz von Feuerwehrkräften bisher stets akzeptiert, und der Landtagsabgeordnete Herr Lynack wird zu dieser Forderung mit den Worten zitiert: „Sie ist nur nicht umgesetzt worden. Hier nicht, aber auch in einigen anderen Kommunen nicht.“ Im Gegensatz dazu – so die Presse – behaupte das Kultusministerium, man hätte nicht gewusst, dass Kommunen die Forderung ignorieren, fehlende KiTa-Erzieher bereits vom ersten Tag an zu ersetzen.
Im Interesse des Landkreises und der Städte und Gemeinden, die die hier in Rede stehenden Aufgaben vom Landkreis übernommen haben, ist im Sozialausschuss des Landkreise Klarheit über die zwingend erforderliche Ausstattung der KiTas und den Inhalt des o. a. Erlasses zu schaffen sowie die Beteiligung des Landkreises und des Landes an den KiTa-Kosten zu erörtern. Ferner ist zu prüfen, in welchem Umfang an die Gemeinden Ausgleichszahlungen, die unabhängig von der KiTa-Vereinbarung bezahlt werden können, insbesondere für erheblich steigende Personalkosten zu zahlen sind.
Die laufenden Tarifverhandlungen im KiTa-Bereich werden wohl zu einer bisher nicht absehbaren Steigerung bei den Personalkosten führen und über ggf. zusätzliche Kosten für Feuerwehrkräfte (in Hildesheim ca. 1,8 Mio. €) sind die Kreistagsabgeordneten bei den Verhandlungen über die KiTa-Vereinbarung nicht informiert worden. Im Übrigen hat es die Kreisverwaltung unterlassen, den in den kommenden Jahren zu erwartenden Kostenanstieg im KiTa-Bereich gegenüber den Kreistagsabgeordneten aufzuzeigen.
Die Gesamtkosten für die KiTas stiegen/steigen in Sarstedt von 2010 bis 2015 in Mio. und % wie folgt: 3,81 + 7 % = 4,08 Mio., 4,08 + 10 % = 4,47 Mio., 4,47 + 3 % = 4,54 Mio., 4,54 + 10 % = 4,97, 4,97 + 14 % = 5,65 Mio. (Steigerung um 47 % in 5 Jahren).
Wenn die Gesamtkosten 2016 bis 2017 um jährlich nur 5 % steigen, so hat die Stadt Sarstedt – grob gerechnet – bei unveränderten Zuwendungen Dritter zu zahlen:
2014 = 1,69 Mio. € entspricht ca. 9,9 Pkt. KU + 55 Pkt. KU = 64,9 Pkt.
2015 = 1,95 Mio. € entspricht ca. 11,5 Pkt. KU + 55,8 Pkt. KU = 67,3 Pkt.
2016 = 2,3 Mio. € entspricht ca. 13,5 Pkt. KU + 55,8 Pkt. KU = 69,2 Pkt.
2017 = 2,77 Mio. € entspricht ca. 16,3 Pkt. KU + 55,8 Pkt. KU = 72,1 Pkt.
Dies wäre eine Steigerung von über 60 % von 2014 auf 2017 und eine Steigerung von über 40 % von 2015 auf 2017. Die deutliche Kostensteigerung von 2014 auf 2015 um ca. 14 % ist durch neue KiTa-Gruppen begründet, bei den Personalkosten wurde bisher nur ein geringer Anstieg erwartet.
Die Kostensteigerungen für die KiTas dürfen nicht den Gemeinden aufgelastet und nicht zu höheren Steuern und höheren Elternbeiträgen führen. Ausgleichszahlungen sind auch geboten, weil die Finanzierung der KiTas durch das Land Niedersachsen absolut mangelhaft ist. Dies verdeutlicht die Kostenverteilung:
In der Stadt Sarstedt sind 2010 für die KiTas Gesamtkosten von ca. 3,8 Mio. € angefallen. Davon trug die Stadt mit 1,6 Mio. € gut 42 %, der Landkreis mit nur mickrigen 0,4 Mio. € ca. 10 % und das Land mit ca. 1 Mio. € etwa 25%.
In Rheinland-Pfalz ist seit Herbst 2010 der Besuch des Kindergartens für Kinder vom vollendeten zweiten Lebensjahr beitragsfrei. Davon ist Niedersachsen noch heute weit entfernt, denn kaum ein Land fördert die KiTas so wenig wie Niedersachsen.
In Sarstedt ist der Anteil des Landes an den Gesamtkosten von 2010 auf 2014 zwar von 1 auf 1,1 Mio. € gestiegen, aber der Landesanteil an den Gesamtkosten ist von ca. 26 auf 23 % gesunken.
2010 waren hier für 587 Kinder, die einen KiTa-Platz in Anspruch genommen haben, ca. 3,8 Mio. € Gesamtkosten zu tragen, in 2014 waren es für 614 Kinder ca. 5 Mio. € Gesamtkosten. Pro Kind und Jahr waren folglich 2010 ca. 6473 € und 2014 ca. 8135 € aufzubringen.
Zieht man von den genannten Gesamtkosten die Elternbeiträge und die Zuwendungen der freien Träger ab, so betrug der gesamte öffentliche Zuschuss von Bund. Land, Landkreis und Gemeinden in Sarstedt 2010 ca. 3 Mio. € und 2014 ca. 4 Mio. €. Davon hat die Stadt 2010 ca. 53 % und 2014 ca. 42 % getragen.
Berücksichtigt man, dass der Landkreis seine KiTa-Zuwendungen an die Gemeinden aus der von den Gemeinden zu zahlenden Kreisumlage finanziert, so hat die Stadt Sarstedt in den genannten Jahren ca. 66 bis 67 % der gesamten öffentlichen Förderung für die KiTas finanziert. Dies und der bei den KiTas für 2015 zu erwartete deutliche Kostenanstieg begründet nach unsrer Auffassung einen dringenden Handlungsbedarf.
Sehr geehrter Herr Wegner,
zur Vorbereitung auf die beantragten Beratungen im Sozialausschuss bitten wir Sie um Beantwortung folgender Fragen:
- Welche konkreten Forderungen enthält der o. a. Erlass, die über die durch Gesetz oder Verordnung bestimmten Vorgaben hinausgehen, und in welchem Umfang sehen Sie die Gemeinden zur Umsetzung und Finanzierung solcher Forderungen verpflichtet?
- Welche konkreten Forderungen zur personellen Mindestausstattung der Kitas in Niedersachsen ergeben sich seit wann aus welchen Gesetzen oder Verordnungen und welche Finanzmittel stellt das Land dafür seit wann zur Verfügung?
- Gibt es unterschiedliche Auffassungen über die durch Gesetz oder Verordnung geforderte personelle Mindestausstattung der KiTas? Wenn ja, wie werden die jeweiligen Auffassungen begründet?
- Seit wann ist die Kreisverwaltung darüber informiert, dass die personelle Mindestausstattung in KiTas nicht gegeben ist?
- Welche zusätzlichen Kosten werden in etwa bei den Gemeinden des Landkreises Hildesheim für die vollständige Umsetzung der Forderung entstehen, KiTa-Erzieher bereits vom ersten Tag an zu ersetzen?
Mit freundlichen Grüßen Mit freundlichen Grüßen
gez. Friedhelm Prior gez. Dr. Bernhard Evers
Sprecher für Soziales, Gesundheit Sprecher für Finanzen
Krankenhaus und Demographie der Gruppe CDU/FDP
der Gruppe CDU/FDP