Landkreis Hildesheim
Herrn Landrat Bernd Lynack
Marie-Wagenknecht-Str. 3
31134 Hildesheim
Hildesheim, 03.07.2025
Rettungsdienst im Landkreis Hildesheim
Anfrage gem. § 56 NKomVG
Sehr geehrter Herr Landrat Lynack,
in der Kreistagssitzung am 26.06.2025 hat die Mehrheitsgruppe von SPD-Grüne Ihrem Vorschlag zum Abbau der Rettungswagen von 30 auf 18 für die gesamte Stadt und den gesamten Landkreis Hildesheim zugestimmt. Dadurch wird dem Rettungsdienst im Landkreis Hildesheim ein irreparabler Schaden zugefügt und dadurch wird die Gefahrenlage für Notfallpatienten im Landkreis Hildesheim unseres Erachtens unvertretbar erhöht.
Vor der Abstimmung hatten Sie auf der Homepage des Landkreises Hildesheim unter „FAQ zum neuen Rettungsdienstbedarfsplan“ einseitig Ihre irrige Meinung zu der von Ihnen vorgeschlagenen Neufassung des Rettungsdienstbedarfsplanes dargestellt und gegenteilige Auffassungen von Fachleuten herabgewürdigt. Dies ist mit Ihren beamtenrechtlichen Pflichten zu Sachlichkeit und zum amtsangemessenen Verhalten augenscheinlich nicht vereinbar.
Zu den schon jetzt bestehenden Mängeln äußern Sie lediglich:
„Rettungswagen waren in echten Notfällen oft nicht verfügbar, wenn Sekunden zählten.“
Dazu bitten wir Sie um Beantwortung folgender Fragen:
Wie oft und wann war dies in den vergangenen zwölf Monaten aus jeweils welchem Grunde und an welchen Orten der Fall?
Was hatte dies bei jeweils welchem Einsatzfall für Folgen hinsichtlich
- der tatsächlichen Eintreffzeit,
- der Zeit zwischen der Eintreffzeit und der Übergabe des Patienten an ein geeignetes Krankenhaus,
- des von wo tatsächlich eingesetzten Rettungsmittels,
- die erfolgreiche oder nicht erfolgreiche Rettung?
Mit Schreiben vom 27.06.2025 haben wir Ihnen das Urteil des OVG Lüneburg vom 07.12.2005 – 11 LC 91/04 – übersandt. Darin erklärt das Gericht u. a. das Verfahren bei Überschreitungen der Eintreffzeiten: „Schließlich ist zu beachten, dass es sich bei § 2 III NdsRettDBedV um eine „Soll-Vorschrift” handelt, so dass in begründeten Ausnahmefällen eine geringfügige Überschreitung der Eintreffzeit nicht unbedingt eine Überarbeitung des Bedarfsplans zur Folge haben muss.“
Ob und in welchen Fällen die Bedarfsplanung geändert wird, haben nicht Sie, sondern der Kreistag zu entscheiden. Und für die Fälle, in denen der Kreistag den Bedarf überprüfen und ändern will, fordert das Gericht, „…eine nachvollziehbare Angabe des betrachteten Zeitraumes, der einzelnen Einsätze, der genannten Eintreffzeiten und der Gründe für die Verspätung.“
In der Kreistagssitzung am 26.06.2025 wurde uns auf die Frage, ob diese Daten vom Gutachter oder von der Kreisverwaltung erfasst worden seien, sinngemäß geantwortet, dass man ein solches Urteil nicht kenne. Es blieb unklar, ob und in welchem Umfang diese Daten überhaupt erfasst und bewertet worden sind.
Daher fragen wir Sie nochmals: Über welchen Zeitraum sind die im o. a. Urteil geforderten Daten („…eine nachvollziehbare Angabe des betrachteten Zeitraumes, der einzelnen Einsätze, der genannten Eintreffzeiten und der Gründe für die Verspätung.“) in welchem Umfang wann und vom wem erfasst, dokumentiert und bewertet worden?
In der o. a. Kreistagssitzung haben wir auch auf die Mitteilung der Arbeitsgemeinschaft Rettungsdienst Hildesheim e.V. vom 19.06.2025 hingewiesen, in der es u. a. heißt, dass in einzelnen Gemeinden in 60% der Fälle die Hilfsfrist (P95-Wert) von 15 Minuten nicht erreicht/eingehalten wird. Dazu haben wir gefragt, ob Sie oder der Gutachter dies bestätigen oder bestreiten. Da die Frage nicht konkret beantwortet wurde, fragen wir erneut:
Wird die Mitteilung der Arbeitsgemeinschaft Rettungsdienst Hildesheim e.V. vom 19.06.2025, dass in einzelnen Gemeinden in 60% der Fälle die Hilfsfrist (P95-Wert) von 15 Minuten nicht erreicht/eingehalten werde, bestätigt oder aus welchen Gründen bestritten?
Durch welche Regelung wird gewährleistet, dass a) derzeit, b) in den ersten sechs Monaten des Jahres 2026 und c) Mitte 2026 die im o. a. Urteil geforderten Daten („…eine nachvollziehbare Angabe des betrachteten Zeitraumes, der einzelnen Einsätze, der genannten Eintreffzeiten und der Gründe für die Verspätung.“) für den Landkreis nachvollziehbar erhoben, gespeichert und ausgewertet werden?
In welchem Umfang trifft es zu, dass a) bei der gemeinsamen Leitstelle, b) dem Institut für Notfallmedizin und c) den Trägern des Rettungsdienstes für Stadt und Landkreis Hildesheim Einsatzdaten der Rettungsdienste erhoben werden oder vorhanden/verfügbar sind und hinsichtlich folgender Fragen auswerten können:
- Wie oft wurde die Hilfsfrist im Landkreis, im Bereich welcher Rettungswache, in welcher Gemeinde überschritten und um wie viele Minuten wurde dabei die Hilfsfrist von welchem Rettungsmittel überschritten?
- Wie oft war bei „echten Notfällen“ kein Rettungswagen verfügbar?
Werden Sie der CDU-Kreistagsfraktion folgende Daten über Einsätze des Rettungsdienstes zur Verfügung stellen oder so zugänglich machen, damit wir deren Auswertung insbesondere hinsichtlich der tatsächlichen Eintreffzeiten und Bedarfsplanung mit eigenen Sachverständigen vornehmen können?
In welcher Form werden Sie der CDU-Kreistagsfraktion die Einsatzdaten des Rettungsdienstes zur Verfügung stellen, damit wir die tatsächlichen Eintreffzeiten ermitteln können?
Wer entscheidet bei einem Notruf, ob ein Fall der Notfallrettung vorliegt? Was verstehen Sie unter einem „echten Notfall“? Wer entscheidet bei der Auswertung der o. a. Einsatzdaten, was in Ihrem Sinne als „echter Notfall“ einzustufen war? Betrachten Sie als „echten Notfall“ auch die Fälle, in denen eine lebensbedrohliche Verletzung oder Erkrankung des Patienten zu erwarten, aber noch nicht eingetreten ist?
Mit freundlichen Grüßen
Friedhelm Prior
Fraktionsvorsitzender
Katy Renner-Köhne
Sprecherin der CDU-Kreistagsfraktion
für Verkehrssicherheit, Verbraucher- und Bevölkerungsschutz
Dirk Bettels
Sprecher der CDU-Kreistagsfraktion
für Jugend, Soziales und Gesundheit