Landkreis Hildesheim
Herrn Landrat Bernd Lynack
Marie-Wagenknecht-Straße 3
31134 Hildesheim
Hildesheim, 15.10.2025
Rettungsdienst im Landkreis Hildesheim;
Behauptungen von Frau Ministerin Daniela Behrens (SPD): „Der Rettungsdienst wird derzeit häufig bei Einsätzen alarmiert, die keine Notfallrettung i. S. d. Niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes sind.“
Anfrage gem. § 56 NKomVG
Sehr geehrter Herr Landrat Lynack,
in der Antwort der Landesregierung vom 09.10.2025 auf die Anfrage der Abgeordneten Laura Hopmann (CDU) – bei der Landesregierung am 23.09.2025 eingegangen – zum Rettungsdienstbedarfsplan im Landkreis Hildesheim hat Frau Ministerin Daniela Behrens (SPD) namens der Landesregierung u. a. geantwortet: „Der Rettungsdienst wird derzeit häufig bei Einsätzen alarmiert, die keine Notfallrettung i. S. d. Niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes sind.“
Hier bestehen zumindest Zweifel, ob diese Antwort der Wahrheit entspricht.
Auf der Homepage des Landkreises Hildesheim hatten Sie unter „FAQ zum neuen Rettungsdienstbedarfsplan völlig unbegründet behauptet: „Rettungswagen waren in echten Notfällen oft nicht verfügbar, wenn Sekunden zählten.“
Auf Nachfrage der CDU-Fraktion, wann und mit welchen Folgen für die Patienten dies der Fall gewesen ist, haben Sie Ihre Behauptung nicht begründen können und erklärt: „Wie sich dies medizinisch in der Folge verhält, kann nicht beantwortet werden, da der Landkreis nur die präklinische Versorgung sicherstellt.“ (siehe Ihr Schreiben vom 15.09.2025).
Dies ist eine ungeheuerliche Aussage angesichts dessen, dass der Landkreis auch für die Krankenhausversorgung zuständig ist. Zudem dürfen Maßnahmen der Gefahrenabwehr – insbesondere bei Gefahren für Leib und Leben – nicht an Zuständigkeiten scheitern.
Im Gegensatz zu dieser moralisch unvertretbaren Auffassung, ist der Landkreis in Notfällen nach dem NRettDG verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um Leib und Leben aller Notfallpatienten unabhängig davon zu schützen (zu retten), in welcher Straße des Landkreises sie sich aufhalten oder wohnen. Dieser Verpflichtung kann sich der Landkreis nicht dadurch entziehen, dass er Dritte (die beauftragten Rettungsdienste) in völlig ungenügender Weise mit der Durchführung des Rettungsdienstes beauftragt und es über Jahre sogar unterlässt, die Einhaltung der rechtlich vorgegebenen Eintreffzeiten zu überwachen. Zudem haben auch die für den Landkreis Hildesheim im Rettungsdienst tätigen Kräfte aufgrund ihrer Garantenstellung weitergehende als die sich aus dem NRettG ergebenden Pflichten.
Es darf also angenommen werden, dass die Ministerin Ihre Followerin ist und Ihrer unbegründeten Behauptung auf der Homepage des Landreises aufgesessen ist oder dass die Ministerin Berichte erhalten hat, mit denen sie glaubt, ihre Behauptung/Antwort („Der Rettungsdienst wird derzeit häufig bei Einsätzen alarmiert, die keine Notfallrettung i. S. d. Niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes sind.“) begründen und es rechtfertigen zu können, die zur Erreichung des gesetzlich vorgeschriebenen Sicherstellungsauftrages zwingend gebotenen bzw. im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht zu treffenden Maßnahmen gegen den Landkreis Hildesheim zu unterlassen.
Nach unserer Auffassung ist es im Interesse der im Landkreis Hildesheim lebenden Menschen dringend geboten, die Sachlage weiter aufzuklären. Daher bitten wir Sie unter Hinweis auf unsere Anfrage Nr. 429 vom 08.09.2025 und Ihre Antwort dazu vom 06.10.2025 bzw.Teilantwort 2 vom 15.09.2025 zur Anfrage 392 um Beantwortung folgender Fragen:
Wie oft und in viel Prozent der Fälle wurde in den vergangenen zwei Jahren der Rettungsdienst bei Einsätzen alarmiert, die keine Notfallrettung i. S. d. Niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes sind? Wie wurde dies von wem aufgrund welcher Tatsachen und wann nachvollziehbar festgestellt und dokumentiert? Wann und in welcher Form ist dies dem Landkreis berichtet worden?
Was und wann haben Sie der Landesregierung berichtet, dass die Behauptung der Ministerin („Der Rettungsdienst wird derzeit häufig bei Einsätzen alarmiert, die keine Notfallrettung i. S. d. Niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes sind.“) begründet?
Welche Verzugszeiten bzw. Überschreitungen der vorgeschriebenen Eintreffzeiten gab es im Bereich welcher Rettungswachen im Jahr 2023 und 2024 entsprechend der Darstellung in den Monatsberichten des Instituts für Notfallmedizin für die ersten sechs Monate des Jahres 2025?
Welche Einsätze sind nach Ihrer Meinung keine Notfallrettung i. S. d. Niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes?
Zu welchem Zeitpunkt ab Eingang des Notrufes ist von wem zu entscheiden, ob es ein Einsatz ist, um „bei lebensbedrohlich Verletzten oder Erkrankten unverzüglich die erforderlichen medizinischen Maßnahmen am Einsatzort durchzuführen, die Transportfähigkeit dieser Personen herzustellen und sie erforderlichenfalls unter fachgerechter Betreuung mit dafür ausgestatteten Rettungsmitteln in eine für die weitere Versorgung geeignete Behandlungseinrichtung zu befördern?“
Liegt nach Ihrer Auffassung ein Fall der Notfallrettung im Sinne des Gesetzes auch in den Fällen vor, in denen eine lebensbedrohliche Verletzung oder Erkrankung des Patienten zwar noch nicht eingetreten, aber zu erwarten ist und die erforderliche Behandlung bereits vor Ort abgeschlossen werden kann (Niedersächsischer Landtag Drs. 12/228, Drs. 15/3435, Drs. 18/10734 und Drs. 18/11368)?
Wenn nein, aus welchen Gründen nicht? Und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt ist nach Ihrer Auffassung von wem darüber aufgrund welcher Tatsachen zu entscheiden?
Seit wann werden von der Stadt Hildesheim zum Controlling im Rettungsdienst für die einzelnen Rettungswachen im Landkreis Hildesheim gem. dem Beschluss des Kreistages vom 25.09.2025 welche Daten erfasst, ausgewertet und dokumentiert; insbesondere hinsichtlich Häufigkeit, Dauer und Grund für die Überschreitung der vorgeschriebenen Eintreffzeiten?
Wann hat der Landkreis welche der zuvor genannten Daten und Auswertungsergebnisse erhalten?
Mit freundlichen Grüßen
Friedhelm Prior
Fraktionsvorsitzender
Katy Renner-Köhne
Sprecherin der CDU-Kreistagsfraktion
für Verkehrssicherheit, Verbraucher- und Bevölkerungsschutz
Dirk Bettels
Sprecher der CDU-Kreistagsfraktion
für Jugend, Soziales und Gesundheit