Landkreis Hildesheim
Herrn Landrat Bernd Lynack
Bischof-Janssen-Str. 31
31134 Hildesheim
Hildesheim,02.08.2022
Altablagerung/Altlast Desdemona
Anfrage nach § 56 NKomVG
Bezug:
1. Schreiben Röhrs & Herrmann Herrvom 14.01.2020
2. Schreiben Röhrs & Herrmann am 22.09.2020 mit Sanierungsplan
3. Schreiben Rechtsanwälte Günther (Hamburg)vom 19.01.2021
4. Schreiben BIG (Prof. Burmeier Ingenieurgesellschaft Hamburg) vom 28.06.2022
5. Schreiben BIG (Prof. Burmeier Ingenieurgesellschaft Hamburg) vom 27.06.2022
Sehr geehrter Herr Landrat Lynack,
um die Angelegenheit weiter beraten und im Kreisausschuss entscheiden zu können, bitten wir Sie um Beantwortung folgender Fragen:
- Wer war seit 1930 in welchen Jahren a) Eigentümer und b) Nutzer welcher
Flurstücke der Altlast/Altablagerung Desdemona (bitte auch die Größe der einzelnen Flurstücke angeben).
Bei welchen Flächen (Flurstücken) handelt es sich um einen Altstandort im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 1 oder 2 BBodSchG ? Befindet sich auf dem Grundstück eine Deponie im Sinne des § 3 KrWG? Seit wann liegt auf den Flurstücken im Sinne bundesrechtlicher Vorschriften (siehe § 8 Abs. 1 BBodSchG) eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast vor?
Seit wann sind welche Flurstücke gem. welcher gesetzlichen Verpflichtung (siehe auch § 6 NBodSchG) aus welchem Anlass als altlastenverdächtige Flächen oder Altlasten in das Altlastenverzeichnis mit welchen Informationen über Lage und Zustand der Flächen, Art und Maß von Beeinträchtigungen, die geplanten und ausgeführten Maßnahmen sowie die Überwachungsergebnisse aufgenommen worden? Welche Untersuchungen wurden dazu über Art und Maß der Beeinträchtigungen wann und vom wem durchgeführt und dokumentiert?
- Wie wurden in den einzelnen Jahren seit 1930 und wie werden derzeit welche Flurstücke
von wem und an welchen Stellen aufgrund welcher Zulassungen (Genehmigungen, Erlaubnisse, Plangenehmigungen, Bewilligungen usw.) unter Aufsicht welcher Behörde genutzt? Welche Boden- und Gewässeruntersuchungen sind auf Veranlassung oder in Abstimmung mit welchen Behörden auf welchen Flusstücken in den Jahren vor und nach 2017 mit welchen Ergebnissen (Art und Menge der Schadstoffe im Wasser) durchgeführt worden? Wie haben sich die gemessenen Schadstoffe bzw. schädlichen Bodenveränderungen (§ 2 Abs. 3 BBodSchG) hinsichtlich Art und Menge im Verlauf der Jahre geändert? Welche einzelnen gesetzlichen Pflichten insbesondere nach § 4 BBodSchG obliegen seit wann dem Grundstückseigentümer und dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt über welche der o. a. Flurstücke?
Auf welchen Flurstücken wurde wann oder wird derzeit auf welcher Grundlage (Genehmigung usw.) eine Abfallbeseitigungsanlage im Sinne des § 28 KrWG betrieben? Kommen dafür Anordnungen oder Untersagungen nach § 39 KrWG in Betracht? Wenn nein, aus welchen Gründen nicht?
Bestand oder besteht für die o. a. Altlast/Altablagerung eine Zuständigkeit des Gewerbeaufsichtsamtes (siehe insbesondere § 10 NBodSchG)?
- Abfallbeseitigung nach KrWG/Sanierung nach BBodSchG
3.1 Gem. Bezugsschreiben zu 1. (Sicherung Desdemona 0652-014) wurde auf 58.500 m² des Altstandortes flächenhaft Bauschutt in einer Mächtigkeit von ca. 1,14 m abgelagert.
Zudem heißt es: „Auf Veranlassung des Landkreises Hildesheim wurden die „Detailerkundung und Gefahrenbeurteilung“ sowie die von uns empfohlene Sanierungsvariante 3 dem Umweltministerium zur Prüfung und Beurteilung zur Verfügung gestellt. Nach vorausgehender Diskussion im Umweltministerium unter Hinzuziehung der dem Umweltministerium zugeordneten Fachbehörden sowie des Landkreises Hildesheim wurde am 30. August 2019 der Sanierungsplan eingehend erörtert, in einigen Punkten final modifiziert und unter Berücksichtigung der Durchführbarkeit als richtig und angemessen zum Schutz der Betroffenen Güter befunden.“
In dem gem. Bezug zu 2. vorgelegten Sanierungsplan vom 22.09.2019 (?) heißt es:
„Mit dem vorliegenden Sanierungsplan werden die geforderten Situations- und Verfahrensbeschreibungen gem. § 13BBodSchG, Abs. 1, Satzl-3 sowie § 6, Abs. 1-3 BBodSchV und Anhang 3 BBodSchV der zuständigen Unteren Bodenschutzbehörde des Landkreises Hildesheim zur behördlichen Verbindlichkeitserklärung vorgelegt. Hierdurch sollen die zur Durchführung der beschriebenen Sanierungsmaßnahmen notwendigen behördlichen Genehmigungen erwirkt werden…
In der durch den Landkreis Hildesheim veranlassten Besprechung beim niedersächsischen Umweltministerium am 30. August 2019 wurde der Sanierungsplan vorgetragen und gemeinsam mit allen Beteiligten ausführlich erörtert. Auf Veranlassung des Ministeriums und als Ergebnis der Erörterung wurden Änderungen/Anpassungen am Sanierungsplan vorgenommen. Unter der Berücksichtigung der beschlossenen Änderungen wurde der Plan fachlich anerkannt und seitens des Ministeriums bestätigt, dass keine Einwände bestehen…
Da die bisherigen Erkundungen gezeigt haben, dass neben dem hoch belasteten Bereich auch die sonstigen mit Bauschutt aufgefüllten Flächen erhöhte Schadstoffkonzentrationen aufweisen, soll die gesamte in Abb. 1 grün markierte Fläche abgedeckt werden …
Die festgestellten PAK-Verunreinigungen des Auffüllungsmaterials entstammen PAK-haltigen Teeranstrichen, mineralischen Stoffen wie Asphalt, Koks oder Asche sowie Baustoffen (z.B.Dachpappe) …
Zur Herstellung des Recyclingschottermaterials soll die bestehende BlmSchG-genehmigte Bauschuttaufbereitungsanlage genutzt werden. Die bestehende BlmSchG-Genehmigung wird durch Anzeige dahingehend abgeändert, dass nur Materialien angenommen und aufbereitet werden, die zur Sanierung des Standorts verwendet werden …
Die Sanierungsarbeiten sollen im Jahr 2020 begonnen werden…“
Im Bezugsschreiben (Bericht) zu 4. heißt u. a.:
„Zudem befindet sich am nördlichen Rand auf der Fläche des Altstandortes die Altablagerung „Desdemona-Nord“, bei der es sich um einen verfüllten Klärteich (Endlaugungsbehälter) des Kaliwerks, der 1977 mit Bauschutt verfüllt wurde, handelt.
Die ALFELDER ZEITUNG berichtete am 28. Okt. 2020:
„Für Desdemona gibt es…. aus dem Jahr 1984 eine gültige Genehmigung als Abfallentsorgungsentlage. Er könne den Betrieb damit mit jederzeit aufnehmen.“
3.1.1 Inwieweit sind die o. a. Aussagen (Nr. 3.1) richtig oder unrichtig?
In welcher Form hat der Landkreis die Richtigkeit der Aussage wann überprüft?
3.1.2 Sind die Boden- und Gewässeruntersuchungen, die für den am 22.09.2020 vorgelegten bzw. im Umweltministerium am 30. August 2019 abgestimmten Sanierungsplan durchgeführt und vorgelegte worden sind, hinsichtlich a) Art, b) Umfang, c) Qualität und d) Beurteilungskriterien vergleichbar mit denen der BIG? Wenn nein, wie unterscheiden sie sich?
3.1.3 Wird auf der o. a. Altlast/Altablagerung Abwasser beseitigt? Wenn ja, erfolgt dies im Einvernehmen oder mit Zustimmung der Gemeinde und durch wen und auf welcher rechtlichen Grundlage? Kann die Gemeinde aufgrund ihrer Zuständigkeit (Abwasserbeseitigung ist eine Aufgabe der Gemeinden im eigenen Wirkungskreis) entscheiden, die Abwässer auf Kosten des Anlagenbetreibers selbst zu beseitigen?
3.1.4 Welche einzelnen Genehmigungen, Erlaubnisse und sonstigen
Zulassungen sollten mit dem am 22.09.2020 vorgelegt Sanierungsplan von wem für wen nach jeweils welchen Vorschriften mit und ohne Einvernehmen a) der Gemeinde und b) der unteren Wasserbehörde für welche Flächen erteilt, ersetzt oder aufgehoben werden?
Ist mit der im Sanierungsplan vorgesehenen Abdeckung der Altlast/Altablagerung mit Bauschutt eine Abwasserbeseitigung verbunden?
3.1.5 Welche Tatsachen oder fachliche Stellungnahmen begründen die Behauptung der Verwaltung, es sei kein Anstieg der Grundwasserpegel und ein dadurch bedingter Eintrag in das Grundwasser zu erwarten?
3.2 Wurden oder werden auf der o. a. Anlage bzw. Altlast/Altablagerung befugt oder unbefugt
Abfälle, die nach Art, Beschaffenheit oder Menge geeignet sind, nachhaltig ein Gewässer oder den Boden zu verunreinigen oder sonst nachteilig zu verändern außerhalb einer dafür zugelassenen Anlage oder unter wesentlicher Abweichung von einem vorgeschriebenen oder zugelassenen Verfahren gesammelt, befördert, behandelt, verwertet, gelagert, ablagert, belassen, beseitigt, handelt, gemakelt oder sonst bewirtschaftet?
3.3 Inwieweit handelt es sich bei der o. a. Anlage bzw. Altlast/Altablagerung um eine a) bestehende Abfallbeseitigungsanlage oder b) eine „stillgelegte Abfallbeseitigungsanlage“ im Sinne des § 40 KrWG?
Für den Fall a): Welche Genehmigungen sind für den Betrieb der Abfallbeseitigungsanlage oder Deponie wann und von wem erteilt worden? Welchen Inhalt haben die Genehmigungen? Welche Flurstücke können aufgrund dieser Genehmigungen wie genutzt werden? Welche Maßgaben enthalten die Genehmigungen zum Schutz von Boden und Grundwasser? Aus welchen Gründen ist es erforderliche oder nicht erforderlich, die Genehmigungen usw. zu ändern? Warum sind bisher keine Änderungen erfolgt? Sind aufgrund dieser Genehmigungen die zumindest seit 2017 festgestellten Belastungen von Boden und Grundwasser zugelassen? Welche behördlichen Vorgänge außer einer Genehmigung gibt es, aus denen eine behördliche Zulassung für die festgestellten Schädigungen von Boden und Grundwasser abgeleitet werden könnte?
Für den Fall b): Wann und von wem ist die Stilllegung („unverzüglich“) mit Unterlagen über Art, Umfang und Betriebsweise sowie die beabsichtigte Rekultivierung und sonstige Vorkehrungen zum Schutz des Wohles der Allgemeinheit bei welcher Stelle angezeigt worden (siehe § 40 Abs. 1 KrWG)? Wann und in welcher Form ist die Stilllegung von wem und für welchen Zeitraum verbindlich bewirkt worden? Wann und von wem ist der Inhaber der Deponie verpflichtet worden oder aus welchen Gründen nicht verpflichtet worden, „1. auf seine Kosten das Gelände, das für eine Deponie nach Absatz 1 verwendet worden ist, zu rekultivieren, 2. auf seine Kostenalle sonstigen erforderlichen Vorkehrungen, einschließlich der Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen während der Nachsorgephase, zu treffen, um die in § 36 Absatz 1 bis 3 KrWG genannten Anforderungen auch nach der Stilllegung zu erfüllen, und 3. der zuständigen Behörde alle Überwachungsergebnisse zu melden, aus denen sich Anhaltspunkte für erhebliche nachteilige Auswirkungen auf Mensch und Umwelt ergeben? Wann und wie hat die zuständige Behörde den Abschluss der Stilllegung (endgültige Stilllegung) und auf Antrag den Abschluss der Nachsorgephase festgestellt?
3.4 Zur Besprechung am 30. August 2019 im Umweltministerium:
Hat das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) an der Besprechung teilgenommen? Welche anderen Fachbehörden haben an der Besprechung teilgenommen? Welche Unterlagen zur Detailerkundung und Gefahrenbeurteilung (insbesondere Untersuchungen und Untersuchungsberichte) waren dem LBEG und welchen anderen Fachbehörden vor der Besprechung zur Verfügung gestellt worden? Welche Beurteilungen haben das LBEG und welche anderen Fachbehörden zu dem Besprechungsergebnis beigetragen und haben sie dabei die „Ermessensleitende Kriterien bei der Bearbeitung altlastbedingter Grundwassergefahren und -schäden, 03.2016“ des LBEG berücksichtigt? Aus welchen Gründen entspricht das Besprechungsergebnis vom 30.08.2019 zum Sanierungsbedarf nicht dem Ergebnis der BIG von 28.06.2022, wonach überhaupt keine Maßnahmen und überhaupt keine Sanierung (vgl. § 2 Abs. 7 BBodSchG) erforderlich sein soll?
- Hat der Zustandsverantwortliche für die o. a. Anlage bzw. die Altlast/Altablagerung dem Landkreis das Grundstück zum Kauf angeboten? Wie hoch ist der Verkehrswert des Grundstücks a) derzeit aufgrund der bestehenden Nutzungsmöglichkeiten und b), wenn dort wie geplant Abfall abgelagert wird? Wie hoch werden die Gewinne des Eigentümers sein, wenn er die Fläche für die Abfallablagerung gem. Sanierungsplan zur Verfügung stellt? Wie hoch wird der Verkehrswert des Grundstücks nach Beseitigung der Abfälle sein?
- In welchem Umfang und aus welchen Gründen teilen oder widersprechen Sie welchen Positionen/Auffassungen der Rechtsanwälte Günther in der Stellungnahme vom 19.01.2021 zu den erforderlichen Verfahrensschritten und zu dem am 22.09.2020 vorgelegten Sanierungsplan (Bezug zu 3.)?
Begründung:
- Zweck des WHG „ist es, durch eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung
die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts, als Lebensgrundlage des Menschen, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie als nutzbares Gut zu schützen.“
Und Zweck des BBodSchG „ist es, nachhaltig die Funktionen des Bodens zu sichern oder wiederherzustellen. Hierzu sind schädliche Bodenveränderungen abzuwehren, der Boden und Altlasten sowie hierdurch verursachte Gewässerverunreinigungen zu sanieren und Vorsorge gegen nachteilige Einwirkungen auf den Boden zu treffen.“
Den o. a. Zielsetzungen werden Art und Dauer der Vorgangsbearbeitgung, die bisher unzureichend vorgelegten Unterlagen sowie widersprüchlichen Verhaltensweisen nicht gerecht.
2.Die mit Bezug zu 4. und 5. vorgelegten Berichte sind für eine abschließende Beurteilung der Sach- und Rechtslage ebenfalls nicht ausreichend: weil selbst dort weitergehende Untersuchungen vorgeschlagen werden, weil sie aus nicht nachvollziehbaren Gründen im Widerspruch zur behördlichen Beurteilung des am 22.09.2020 vorgelegten Sanierungsplanes stehen und darin augenscheinlich die rechtlich unbegründete Auffassung vertreten wird, eine fortdauernde Belastung bzw. Schädigung des Wassers/Grundwassers sei auch bei Überschreiten von Geringfügigkeitsschwellenwerten hinzunehmen, wenn nicht auch eine nach generellen Vorgaben des Bergamtes, die keinen Verordnungsrang haben (siehe § 8 BBodSchG), zu ermittelnde Maßnahmenschwelle für Maßnahmen nach § 2 Abs. 7 BBodSchG überschritten werden: „Maßnahmen 1. zur Beseitigung oder Verminderung der Schadstoffe (Dekontaminationsmaßnahmen), 2. die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern oder vermindern, ohne die Schadstoffe zu beseitigen (Sicherungsmaßnahmen), 3. zur Beseitigung oder Verminderung schädlicher Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Bodens.“
Die Frage, ob entgegen § 324 StGB (Gewässerverunreinigung) unbefugt ein Gewässer (ggf. durch Unterlassen) verunreinigt oder sonst dessen Eigenschaften nachteilig verändert wird, ist nicht in Abhängigkeit davon zu entscheiden, ob die Verwaltung (je nach landesrechtlichen Empfehlungen) irgendeine Maßnahme zur Sanierung (§ 2 Abs. 7 BBodSchG) des durch die Verunreinigung verursachten Schadens z. B. aufgrund der jeweiligen Finanzkraft des Täters für unverhältnismäßig hält. Entsprechendes gilt für § 324a StGB (Bodenverunreinigung) und § 326 StGB (Unerlaubter Umgang mit Abfällen).
Der Bezugsbericht zu 5. enthält u. a. die Aussage:
„Nach Prüfung der Verhältnismäßigkeit (Erforderlichkeit, Angemessenheit) unter weiterer Berücksichtigung der toxikologischen Eigenschaften für die Leitparameter Bor, Chlorid und Sulfat sind aufgrund der Höhe der ermitteln Frachten keine Maßnahmen zur Sanierung erforderlich.“
In dieser Aussage und auch sonst bleibt offen, welche einzelnen der in Betracht kommenden Sanierungsmaßnahmen zum Schutz welcher Rechtsgüter (hinsichtlich Erforderlichkeit, Angemessenheit) aus welchen Gründen für wen unverhältnismäßig sein sollen. Offen bleibt auch, wie und mit welchen Ergebnissen von wem es als eine der zur Sanierung in Betracht kommende Maßnahme untersucht worden ist, nur einen Teil der Fläche zu sanieren (z.B. die angegebene Altablagerung „Desdemona-Nord“ bzw. Deponiefläche). Und es steht schon im Gegensatz zur Absicht des Betreibers bzw. Grundstückseigentümers, der mit einer Abdeckung der Altlast durch Abfall bis Z 2 Geld verdienen will, alle Sanierungsmaßnahmen als unverhältnismäßig zu beurteilen.
- In dem mit Bezug zu 4. vorgelegten Bericht ist für die Beurteilung der Boden- und Gewässerbelastung u. a. angegeben:
„In dem Papier der LAWA/Länderarbeitsgemeinschaft Boden (LABO) „Grundsätze des nachsorgenden Grundwasserschutzes bei punktuellen Schadstoffquellen“ [L3] sind zu den dargestellten Inhalten folgende Erläuterungen gegeben:
Lokal begrenzt erhöhte Schadstoffgehalte:
„Der zu beurteilende Bereich, bei dem Konzentrationen über der Geringfügigkeitsschwelle (GFS) gemessen werden, liegt in der Größenordnung der horizontalen Ausdehnung der Schadstoffquelle in der ungesättigten Bodenzone. Er sollte aber 1.000 m2 in der Regel unterschreiten.“
„Die vertikale Ausbreitung der Verunreinigung ist auf ein Grundwasserstockwerk beschränkt.“
Geringe Schadstofffrachten:
„Geringe Schadstofffrachten liegen dann vor, wenn … über einen bestimmten Zeitraum (hier wir unbefristet angenommen) die Stoffkonzentration in einem definierten Vergleichsvolumen maximal die Geringfügigkeitsschwelle (GFS) erreicht.
Als Volumen wird diejenige Grundwassermenge vorgeschlagen, die sich unter Annahme einer vom Einzelfall unabhängigen Grundwasserneubildungsrate für eine ebenso vom Einzelfall unabhängige grundwasserbildende Bezugsfläche FBezug ergibt…
Hierzu wurde die Maßnahmenschwelle als Entscheidungskriterium eingeführt. Trotz Überschreitung der Schadensschwelle ist im Regelfall bei Unterschreitung der Maßnahmenschwelle auf das Ergreifen von Maßnahmen zu verzichten [L4]. Unter Maßnahmen werden hier Sanierungsmaßnahmen i. S. von § 2 (7) Nr. 1-3 BBodSchG verstanden, soweit sie den Wirkungspfad Boden – Grundwasser betreffen [L4].“
Diese Auffassung ist rechtlich zumindest zweifelhaft.
Aus all diesen Angaben ist nicht nachvollziehbar, ob und aus welchen Gründen die Kriterien des Landesamtes überhaupt noch sachgerecht sind. Ob und in welchem Umfang diese Kriterien im vorliegenden Fall eine geeignete Beurteilungshilfe darstellen, ist zumindest in keiner Weise nachvollziehbar dargelegt worden.
Dass bei Unterschreitung der sog. Maßnahmenschwelle trotz Überschreitung der Schadensschwelle auf jegliche Maßnahmen verzichtet werden kann, ergibt sich selbst aus der Empfehlung des Bergamtes nicht. Es bleibt ausdrücklich offen, für wen welche Maßnahmen unverhältnismäßig sind. Offenkundig soll gesagt werden, dass auch die Behörden, die den Boden und das Wasser nach Maßgabe der Gesetze zu schützen haben, untätig bleiben können, wenn ihnen die Kosten für erforderliche Maßnahmen zu hoch erscheinen.
In Zeiten oder dort, wo kaum noch Wasser vorhanden ist oder neu gebildet wird, sind bei der Ermessensausübung des Landkreises, die nachvollziehbar sein muss, allgemeine und nicht nachvollziehbare Kriterien aus alten Zeiten allenfalls bedingt brauchbar. Eine formelhafte Anwendung solcher Kriterien wird den rechtlichen Anforderungen an das auszuübende Ermessen nicht gerecht.
Die in den vergangenen Jahren erfolgten Änderungen der Rechtslage zum Schutz von Boden und Wasser (insbesondere die auf Ebene der EU) und die erheblichen klimatischen Veränderungen werden in dem Bericht der BIG überhaupt nicht betrachtet. Ferner steht das von der BIG deutlich formulierte Ergebnis (keine Maßnahmen erforderlich) im Widerspruch zur eigenen Empfehlung nach weiteren Untersuchungen im nächsten Frühjahr bei zu erwartenden Grundwasserhöchstständen.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Friedhelm Prior
Fraktionsvorsitzender