Begrünung von landkreiseigenen Flächen und Bepflanzung bei Baumaßnahmen

Landkreis Hildesheim
Herrn Landrat Bernd Lynack
Marie-Wagenknecht-Straße 3
31134 Hildesheim

 

Hildesheim, 23.05.2024

Begrünung von landkreiseigenen Flächen und Bepflanzung bei Baumaßnahmen
Anfrage gem. § 56 NKomVG

 

Sehr geehrter Herr Landrat Lynack,

die Anfrage der CDU-Kreistagsfraktion vom 25.03.2024 und den Beschluss des Kreistages vom 29.06.2023 (TOP 48 und 48.1) haben Sie bisher nicht bzw. nur völlig ungenügend beantwortet/ausgeführt.

Dadurch ist keine ausreichende fraktionsinterne Vorbereitung auf die Sitzung des Umweltausschusses am 29.04.2024 und keine ausreichende Beratung in dieser Sitzung möglich gewesen.

Insgesamt sehen wir unser Fragerecht und Ihre Pflicht zur Beantwortung von Anfragen und zur Ausführung von Kreistagsbeschlüssen verletzt und uns an der Ausübung unserer Abgeordneten Rechte erheblich behindert.

Auch weil unser Fragerecht wiederholt verletzt worden ist, fordern wir eine vollständige Aufklärung der Angelegenheit.

Im Einzelnen:

1. Mit Schreiben vom 25.03.2024 hatten wir Sie gebeten (Antrag 539/XIX), das Thema „Begrünung von landkreiseigenen Flächen und Bepflanzung bei Baumaßnahmen“ in die Tagesordnung Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt und Hochwasserschutz, des Ausschusses für Bildung, Kreisentwicklung, Bau und Tiefbau, des Kreisausschusses und des Kreistages aufzunehmen und uns zur Vorbereitung auf die Beratungen folgende Fragen zu beantworten (Anfrage Nr. 201/XIX):

„Welche Begrünungen sind seit dem Kreistagsbeschluss vom 29.06.2023 (TOP 48) auf welchen landkreiseigenen Flächen durchgeführt worden? Welche Kosten sind dafür beim Landkreis bisher angefallen? Welche Haushaltsmittel stehen für weitere Begrünungen zur Verfügung? Welche solcher Begrünungen sind derzeit für wann und wo geplant?

Welche Bepflanzung sind seit dem Kreistagsbeschluss vom 29.06.2023 (TOP 48.1) auf welchen Flächen durchgeführt worden? Welche Kosten sind dafür beim Landkreis bisher angefallen? Welche Haushaltsmittel stehen für weitere Bepflanzungen zur Verfügung? Welche solcher Bepflanzungen sind derzeit für wann und wo geplant?“

Zur Begründung hatten wir darauf hingewiesen, dass der Kreistag am 29.06.2023 (TOP 48)
u. a. beschlossen hat:

a) auf Vorschlag der CDU: „Die landkreiseigenen Flächen, die nicht für andere Zwecke nutzbar sind oder genutzt werden sollen, sollen im Sinne des Natur- und Umweltschutzes besser als bisher mit Büschen und Bäumen begrünt werden.“

b) auf Vorschlag der Gruppe: „Bei jeder künftigen Baumaßnahme ist das Kriterium der Nachhaltigkeit zu prüfen. Ein besonderer Schwerpunkt soll dabei auf dem Rückbau oder Vermeidung von versiegelten Flächen liegen.
Wenn eine Entsiegelung von bisher versiegelten Flächen möglich ist, sollen die Flächen durch eine geeignete Bepflanzung zukünftig dafür sorgen, dass diese als Beschattungsflächen zur Kühlung und als Wasserspeicher (Retentionsraum für Starkregenereignisse) mit aktiver CO2-Bindung dienen.
In geeigneten Bereichen sollen trockenresistente, mehrjährige, insektenfreundliche Stauden und Kräuter, wie z. B. Salbei, Lavendel, Ysop angepflanzt werden.
Beim Bodenaustausch und beim Pflanzenkauf soll nur torffreies Material berücksichtigt werden… Die Verwaltung soll spätestens nach 6 Monaten über die jeweiligen Prüfungen bzw. Maßnahmen im A2 und A4 berichten.“

2. Zu dem Antrag und der Anfrage der CDU-Kreistagsfraktion waren/sind insbesondere folgende Vorschriften relevant:

2.1 Gem. § 85 NKomVG sind Sie verpflichtet, Beschlüsse des Kreistages auszuführen.

2.2 Gem. § 56 NKomVG haben Sie Anfragen unverzüglich, vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten.

2.3 Ergänzend zum Fragerecht der Abgeordneten und der Antwortpflicht des Hauptverwaltungsbeamten nach § 56 NKomVG bestimmt § 18 der Geschäftsordnung des Kreistages und seiner Ausschüsse:

„(2) Die Anfragen werden von dem Landrat innerhalb von 3 Wochen schriftlich oder durch ein elektronisches Dokument beantwortet. Die anderen Fraktionen und Gruppen und die fraktionslosen Kreistagsmitglieder erhalten eine Kopie der Antwort. Ist eine Beantwortung innerhalb von 3 Wochen nicht möglich, ist eine kurze Zwischenmitteilung mit entsprechender Begründung zu erteilen…

(3) Die Anfragen sind als Beratungsgegenstand auf der Tagesordnung der Kreistagssitzung zu berücksichtigen, wenn dies von den Fragestellern spätestens am 14. Tage vor der Kreistagssitzung ausdrücklich beantragt wird. Die Anfragen werden dann vom Landrat grundsätzlich schriftlich beantwortet, so dass eine fraktionsinterne/gruppeninterne Vorbereitung möglich ist.“

Anm.: Abs. 3 gilt gem. § 25 Abs. 1 der Geschäftsordnung für die Ausschüsse entsprechend.

Welche Rechte sich aus § 56 Satz 2 NKomVG auch für Kreistagsabgeordnete ergeben, hat das Nds. OVG in seinem Urteil vom 4.3.2014 – 10 LB 93/13 – verdeutlicht. Es hat klargestellt, dass sich das „Auskunftsrecht gegen den … Hauptverwaltungsbeamten richtet und, dass sie oder er persönlich auskunftspflichtig ist und daher selbst Rede und Antwort stehen muss. Die Informationserteilung im Wege der Auskunft erfolgt in Form eines Dialogs (Frage und Antwort).“ Und weiter: „Das Auskunftsrecht … ist – wie der Informationsanspruch von Abgeordneten gegenüber der Landesregierung … – Ausfluss der Mitgliedschaft im (Kommunal-)Parlament, dem im demokratischen Rechtsstaat vor allem die Aufgabe zukommt, an der Gesetzgebung mitzuwirken und die Kontrolle über die Exekutive auszuüben.“

Diese Rechte, auf die das Gericht verweist, ergeben sich aus Artikel 24 unserer Landesverfassung, die bestimmt: „Anfragen von Mitgliedern des Landtages hat die Landesregierung im Landtag und in seinen Ausschüssen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten.“

2.4 Nach § 85 Abs. 1 i.V.m. § 72 Abs. 3 Satz 5 NKomVG sind Sie verpflichtet, Ausschusssitzungen vorzubereiten. „Die Vorbereitung soll sicherstellen, dass Beschlüsse in umfassender Kenntnis über alle entscheidungsrelevanten Sachverhalte getroffen werden“ (vgl. dazu Mielke mit weiteren Hinweisen in Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz, Rn. 6 zu § 85 NKomVG).

2.5 Gem. dem Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) und dem Niedersächsischen Beamtengesetz (NBG) haben Sie Ihre Dienstpflichten zu erfüllen (insbesondere die Dienstleistungspflicht, Wohlverhaltenspflicht und Gehorsamspflicht nach §§ 34,35 BeamtStG). Verstöße gegen die sich aus dem NKomVG ergebenden Pflichten (siehe oben) begründen grundsätzlich einen Verstoß gegen Ihre Dienstpflichten und begründen damit auch den Verdacht eines Dienstvergehens von disziplinarrechtlicher Relevanz.

In diesem Zusammenhang ist auf § 18 Abs. 1 Niedersächsisches Disziplinargesetz (NDiszG) hinzuweisen, der bestimmt:

„Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, so hat die Disziplinarbehörde die Pflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Die höhere und die oberste Disziplinarbehörde stellen im Rahmen der Aufsicht die Erfüllung dieser Pflicht sicher; …“

Als Ausnahme davon regelt Abs. 2 lediglich:

„Ein Disziplinarverfahren wird nicht eingeleitet, wenn feststeht, dass nur eine Disziplinarmaßnahme in Betracht kommt, die nach § 15 oder 16 nicht ausgesprochen werden darf, oder eine Disziplinarmaßnahme nicht angezeigt erscheint.“ Hierzu heißt es in der Gesetzesbegründung (LT-Drs.: 15/1130 vom 17.06.2015): „Diese Umstände müssen allerdings von vornherein eindeutig feststehen … Sofern jedoch letzte Zweifel vorhanden sind, ist die Einleitung eines Disziplinarverfahrens geboten, welches, wenn sich das Vorliegen der vorgenannten Gründe nachträglich bestätigen sollte, gemäß § 32 Abs. 1 Nrn. 2 bis 4 einzustellen ist.“

3. Den o. a. Pflichten sind Sie nicht oder nur ungenügend nachgekommen (siehe insbesondere §§ 34, 35 BeamtStG, §§ 56, 85 NKomVG und § 18 der Geschäftsordnung des Kreistages und seiner Ausschüsse):

  • In Ihrer schriftlichen Antwort vom 30.04.2024 auf die Anfrage der CDU-Kreistagsfraktion vom 25.03.2024 sind Sie ohne Begründung überhaupt nicht auf die einfach zu beantwortende Frage eingegangen:
    Welche Begrünungen seit dem Kreistagsbeschluss vom 29.06.2023 auf welchen landkreiseigenen Flächen, die nicht vom Amt 208 bewirtschafteten werden, durchgeführt worden sind, welche Kosten dafür bisher angefallen sind, welche Haushaltsmittel dafür zur Verfügung stehen und welche solcher Begrünungen derzeit für wann und wo geplant sind.
  • Auch im Umweltausschuss am 29.04.2024 sind diese Fragen trotz wiederholter Nachfrage nicht beantwortet worden.
  • In Ihrer Antwort vom 30.04.2024 wird wie im Umweltausschuss am 29.04.2024 lediglich mitgeteilt:

„Alle durch das Amt 208 bewirtschafteten kreiseigenen Flächen werden bereits
-im Sinne des Naturschutzes bewirtschaftet bzw. sind zur naturschutzfachlichen Bewirtschaftung verpachtet,
-sind im naturschutzfachlich sinnvollen Maß begrünt,
-sollen als Tauschland für neue Entwicklungs- oder Vernetzungsmaßnahmen verwendet werden, oder sind aktuell Gegenstand von entsprechenden Planungen,
-dienen dem Hochwasserschutz
-oder sind ehemals vom Landkreis Hildesheim betriebene Abfalldeponien, und sind für weitere Begrünungsmaßnahmen mit Büschen und Bäumen im Sinne des genannten Kreistagsbeschlusses nicht geeignet.“

Die Reduzierung der Antwort auf die vom Amt 208 bewirtschafteten Flächen ist ungenügend und völlig unbegründet hinsichtlich der Behauptung, dass diese Flächen im naturschutzfachlich sinnvollen Maß begrünt und dort demzufolge seit dem 29.06.2023 auch keine weiteren Begrünungen vorgenommen worden seien.
Gem. Kreistagsbeschluss sollten die Flächen aber „besser als bisher mit Büschen und Bäumen begrünt werden.

  • Ihre Antwort vom 30.04.2024 erfolgte nicht unverzüglich, nicht innerhalb der Frist von drei Wochen und erst einen Tag nach der Ausschusssitzung am 29.04.2024, obwohl die Beantwortung keinen besonderen Verwaltungsaufwand erfordert und auch der Vorbereitung auf die Sitzung des Umweltausschusses dienen sollte.
  • Die Sitzung des Umweltausschusses am 29.04.2024 haben Sie entgegen Ihrer Verpflichtung aus § 85 Abs. 1 i. V. m. § 72 Abs. 3 Satz 5 NKomVG nur ungenügend vorbereitet. Es erfolgte in Ihrer Vorlage z. B. kein Hinweis auf den Kreistagsbeschluss und kein Hinweis auf die Anfrage der CDU-Kreistagsfraktion.
  • Entgegen dem o. a. Kreistagsbeschluss und Ihrer Pflicht aus § 85 NKomVG haben Sie nach unseren derzeitigen Informationen überhaupt keine Anpflanzungen vorgenommen und in den Ausschüssen nicht innerhalb von 6 Monaten nach dem Kreistagsbeschluss über die jeweiligen Prüfungen bzw. Maßnahmen berichtet.

Aus den vorgenannten Gründen bitten wir Sie um Beantwortung folgender Fragen:

1. Gibt es eine Übersicht über die landreiseigenen Flächen, die im Sinne des Kreistagsbeschlusses vom 29.06.2023 nicht für andere Zwecke nutzbar sind oder genutzt werden sollen und im Sinne des Natur- und Umweltschutzes besser als bisher mit Büschen und Bäumen begrünt werden sollen? Wenn ja, wann wurde sie von wem erstellt?

2. Aus welchen Gründen ist folgende Anfrage der CDU-Kreistagsfraktion vom 25.03.2024 im Umweltausschuss am 29.04.2024 und in Ihrer Antwort vom 30.04.2024 bisher nicht beantwortet worden: „Welche Begrünungen sind seit dem Kreistagsbeschluss vom 29.06.2023 (TOP 48) auf welchen landkreiseigenen Flächen durchgeführt worden? Welche Kosten sind dafür beim Landkreis bisher angefallen? Welche Haushaltsmittel stehen für weitere Begrünungen zur Verfügung? Welche solcher Begrünungen sind derzeit für wann und wo geplant?

3. Aus welchen Gründen haben Sie entgegen dem Beschluss des Kreistages vom 29.06.2023 über die jeweiligen Prüfungen bzw. Maßnahmen nicht innerhalb von 6 Monaten nach dem Kreistagsbeschluss in den Ausschüssen berichtet?

4. Von wem ist wie und wann festgestellt worden, dass die durch das Amt 208 bewirtschafteten kreiseigenen Flächen a) bereits im Sinne des Naturschutzes bewirtschaftet bzw. b) zur naturschutzfachlichen Bewirtschaftung verpachtet und im naturschutzfachlich sinnvollen Maß begrünt sind und dort demzufolge seit dem 29.06.2023 auch keine weiteren Begrünungen vorgenommen worden seien.

5.Seit wann werden welche und wo gelegenen kreiseigenen Flächen (bitte Karte beifügen) in jeweils welcher Größe

  • im Sinne des Naturschutzes a) von wem bewirtschaftet bzw. b) an wen zur naturschutzfachlichen Bewirtschaftung verpachtet,
  • im naturschutzfachlich sinnvollen Maß begrünt,
  • a) als Tauschland für neue Entwicklungs- oder Vernetzungsmaßnahmen verwendet, oder b) aktuell als Gegenstand von entsprechenden Planungen berücksichtigt,
  • als Hochwasserschutz genutzt,
  • als ehemals vom Landkreis Hildesheim betriebene Abfalldeponien genutzt?

In welcher Form sind die jeweiligen Flächen geschützt, wie und wofür konkret werden sie genutzt und welche Erträge werden für jeweils welche Fläche erzielt? Was ist der Unterschied zwischen „bewirtschaftet“ und „naturschutzfachliche Bewirtschaftung“? Wann ist eine Fläche im naturschutzfachlich sinnvollen Maß begrünt, welche Kriterien sind dafür wo festgelegt

6. Aus welchen Gründen war es zu der von Ihnen vorzunehmenden Vorbereitung der Sitzung des Umweltausschusses am 29.04.2024 gerechtfertigt, in Ihrer Vorlage (ohne Datum) lediglich darauf hinzuweisen, dass es den Antrag 539/XIX der CDU-Kreistagsfaktion vom 25.03.2024 gibt?

Mit freundlichen Grüßen

Friedhelm Prior
Fraktionsvorsitzender

 

Ute Bertram
Sprecherin der CDU-Kreistagsfraktion
für Bildung, Kreisentwicklung, Bau und Tiefbau

 

Dr. Thomas Bruns
Sprecher der CDU-Krteistagsfraktion
für Klimaschutz,Umwelt und Hochwasserschutz

 

 

 

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