Erfüllung des Rechtsanspruchs auf Betreuung nach dem individuellen Bedarf

Landkreis Hildesheim
Herrn Landrat Bernd Lynack
Marie-Wagenknecht-Str. 3
31134 Hildesheim

Hildesheim, 27.02.2023

 

Erfüllung des Rechtsanspruchs auf Betreuung nach dem individuellen Bedarf im Sinne des § 24 SGB VIII, der §§ 20 bis 22 NKiTaG und des Kita-Vertrages vom 06.12.2018 (im Folgenden kurz Betreuungsanspruch)

 

Sehr geehrter Herr Landrat Lynack,

wir bitten Sie, um Beantwortung folgender Fragen:

  1. In welchen Fällen wird derzeit in welchen Orten und welchen Einrichtungen (wie z. B. in Söhlde) der Betreuungsanspruch aus welchen Gründen nicht oder nicht ausreichend erfüllt? Welche Maßnahmen werden Sie treffen, damit der Betreuungsanspruch in allen Fällen ab wann erfüllt wird?
  2. Seit wann ist Ihnen von wem mitgeteilt worden, dass in Söhlde der Betreuungsvertrag der Gemeinde mit dem Ev.-luth. Kirchenkreis Hildesheimer Land-Alfeld hinsichtlich geringerer Betreuungszeiten geändert werden soll? Welche Gespräche sind von Ihnen hierzu wann und mit welchen Ergebnissen a) mit der Gemeinde und b) dem Ev.-luth. Kirchenkreis Hildesheimer Land-Alfeld geführt worden? Bisher bestimmt § 5 Abs. 4 Kita-Vertrag: „Mit der Wahrnehmung und Durchführung der Aufgaben gewährleistet die Gemeinde die Erfüllung der Rechtsansprüche nach § 24 SGB VIII.“ Welche konkreten Maßnahmen sind von Ihnen vorgesehen oder geplant, wenn die Gemeinde Söhlde oder andere Gemeinden diese Aufgabe nicht mehr vollständig erfüllen können?
  3. Wie viele Fälle aus welchen Orten sind dem Landkreis seit Beginn 2022 von wem mitgeteilt worden, dass ein Betreuungsanspruch nicht oder voraussichtlich nicht erfüllt werden konnte? Welche Maßnahmen haben Sie in diesen Fällen mit welchen Wirkungen getroffen?
  4. In wie vielen Fällen aus welchen Orten ist seit Anfang 2020 der Betreuungsanspruch für jeweils welchen Zeitraum nicht oder nicht ausreichend erfüllt worden?
  5. Wie ist gewährleistet, dass Eltern bei der Anmeldung nach § 20 Abs. 4 NKiTaG darüber informiert werden können, welche Betreuungsansprüche sie (unabhängig von
    5 Abs. 2 Kita-Vertrag) nach § 20 Abs. 1 Nds. AG SGB VIII gegenüber dem Landkreis haben und wie sie diesen Anspruch geltend machen können?
  6. Wie ist gewährleistet, dass dem Landkreis rechtzeitig alle Fälle mitgeteilt werden, in denen Eltern trotz zeitgerechter Anmeldung kein vertretbarer Betreuungsplatz angeboten wird? Durch welche Maßnahmen des Landkreises soll in diesen Fällen der Betreuungsanspruch erfüllt werden?
  7. Welche konkreten Regelungen haben Sie gem. § 9 Abs. 2 Kita-Vertrag vom 06.12.2018 mit den Städten und Gemeinden wann abgestimmt hinsichtlich

– der Platzvergabe unter Berücksichtigung des individuellen Bedarfs,

– der Erfassung von Wartezeiten,

– der Verfahren bei unerfülltem Rechtsanspruch,

– zur Vereinheitlichung der Verträge zwischen Gemeinden und Trägern,

– zur Erfassung und Offenlegung der für die Förderung und Betreuung anfallenden Kosten und Leistungen der einzelnen Einrichtungen

– zur Bedarfsfeststellung und – planung?

Begründung:

Kinder haben insbesondere nach § 24 SGB VIII einen Rechtsanspruch auf Betreuung nach dem individuellen Bedarf. Dieser Anspruch ist auf Landesebene in §§ 20 bis 22 NKiTaG konkretisiert und im Landkreis Hildesheim aufgrund § 13 Nds. AG SGB VIII gem. Kita-Vertrag vom 06.12.2018 von den Städten und Gemeinden umzusetzen.

Im Kita-Vertrag ist u. a. bestimmt:

  1. „Der Umfang der täglichen Förderung erfolgt grundsätzlich für alle anspruchsberechtigten Kinder im Sinne von § 24 Abs. 2 bis 4 SGB VIII nach dem individuellen Bedarf. Dies gilt auch für die Kinder nach § 24 Abs. 3 SGB VIII“ (§ 2 Abs. 3 Kita-Vertrag).
  2. „Mit der Wahrnehmung und Durchführung der Aufgaben gewährleistet die Gemeinde die Erfüllung der Rechtsansprüche nach § 24 SGB VIII“ (§ 5 Abs. 4 Kita-Vertrag).
  3. „Die Gemeinde entscheidet entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen, den Regelungen dieser Vereinbarung und der Richtlinie Kindertagespflege „namens und im Auftrag des Landkreises“. Der Landkreis Hildesheim ist Beklagter vor den Gerichten und trägt die Prozesskosten. Die Gemeinden berichten unverzüglich über die dem Landkreis drohende Klagen“ (§ 5 Abs. 2 Kita-Vertrag).

Die Gesamtverantwortung zur Aufgabenerfüllung einschließlich der Planungsverantwortung verbleibt jedoch in allen Fällen beim Träger der öffentlichen Jugendhilfe (§ 79 SGB VIII). Dies ergibt sich insbesondere aus § 20 Abs. 1 Nds. AG SGB VIII: „Der nach Maßgabe des § 24 SGB VIII bestehende Anspruch auf Förderung ist gegenüber dem örtlichen Träger geltend zu machen.“ Überörtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist gem. § 9 Abs. 1 Nds. AG SGB VIII das Land. Im Übrigen erfüllen gem. § 1 Nds. AG SGB VIII grundsätzlich die Landkreise die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII: innerhalb des eigenen Wirkungskreises durch das Jugendamt (§ 70 Abs. 1 und 2 SGB VIII).

Mit freundlichen Grüßen

 gez. Friedhelm Prior
Fraktionsvorsitzender

 

 gez. Bernhard Fegel
Sprecher der CDUKreistagsfraktion
für Jugendhilfe

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