„Gullydeckel- Attacke Harsum“

Landkreis Hildesheim
Herrn Landrat Bernd Lynack
Marie-Wagenknecht-Str. 3
31134 Hildesheim

 

                                               Hildesheim, 07.11.2022

 „Gullydeckel- Attacke Harsum“, Tätigkeit und Erreichbarkeit des Sozialpsychiatrischen Dienstes, Entscheidungen über Maßnahmen nach dem NPsychKG, Beantwortung von Anfragen 

Anfrage gem. § 56 NKomVG

Sehr geehrter Herr Landrat Lynack,

wir bitten Sie um Beantwortung folgender Fragen:

1.Bisher haben Sie dem Kreisausschuss nicht die Unterlagen vorgelegt, die für eine sachgerechte Ausübung des Ermessens über die nach dem NPsychKG in Betracht kommenden Maßnahmen erforderlich sind. Dazu zählen insbesondere die dem Landkreis vorliegenden Befunde und Beurteilungen über die psychische Krankheit des Betroffenen einschließlich deren bisherige und derzeit prognostizierte Entwicklung. Auch für die Sitzung des Kreisausschusses am 07.11.2022 haben Sie den Ausschussmitgliedern bisher überhaupt keine entsprechenden Unterlagen zur Verfügung gestellt.

Frage: Ist dieses Vorgehen mit dem Innenminister und der Sozialministerin abgestimmt
oder wird es vom Innenminister und der Sozialministerin gebilligt?

2.Mit Schreiben vom 09.2022 (siehe Anlage) hatten wir Ihnen zu der von uns beantragten Akteneinsicht u.a. geschrieben: „Für ein effektives und effizientes Vorgehen bitten wir Sie, insbesondere solche Schriftstücke (einschl. Vermerke, Telefonnotizen usw.) vorzuhalten, aus denen ersichtlich wird …“.

Bei der Akteneinsicht am 01.11.2022 erhielten wir von der Leiterin des Gesundheitsamtes ohne jede Aufbereitung Kopien von digitalen Akten, in denen ohne nachvollziehbare Gründe Angaben über psychische Krankheiten des Betroffenen und teilweise auch darüber geschwärzt waren, welche Personen welche Mitteilungen gemacht haben. Auf Nachfrage teilte uns die Leiterin des Gesundheitsamtes mit, das Schreiben der CDU-Fraktion vom 01.09.2022 habe sie nicht erhalten. Die Schwärzungen rechtfertigte Sie trotz der Regelungen des § 33 Abs. 1 NPsychKG mit dem pauschalen Hinweis, sie seien aufgrund der Datenschutz-Grundverordnung vorgenommen worden.

Frage: Aufgrund welcher konkreten Vorschrift haben Sie die Schwärzungen vornehmen lassen? Aufgrund welcher konkreten Bestimmung sind die Schwärzungen nach Auffassung des Innenministers und der Sozialministerin gerechtfertigt?

3. Mit E-Mail vom 01.11.2022, 10:13 Uhr, hatten Sie uns mitgeteilt:

„der Termin für die von der CDU-Fraktion und von der SPD-Fraktion beantragte Akteneinsicht findet heute, Dienstag den 01.11.2022 um 15:00 Uhr im Forum des Gesundheitsamtes, Ludolfingerstr. 2, 31137 Hildesheim, Forum statt. Da das Gesundheitsamt für den Publikumsverkehr noch nicht wieder geöffnet und die Eingangstür deshalb verschlossen ist, bitte ich an der Eingangstür zu klingeln.“

Am 01.11.2022 um 15.00 Uhr haben wir wiederholt geklingelt. Aber leider hat uns niemand geöffnet. Erst nach vielen Telefonaten über unsere Geschäftsstelle in das Gesundheitsamt bzw. dadurch, dass jemand beim Verlassen des Gesundheitsamtes den Eingang geöffnet hat, haben wir Zutritt zu dem Amt erhalten. Nach dem Zutritt wurde uns mitgeteilt, dass die Vertreter von SPD und Grüne bereits seit 14.00 Uhr Akteneinsicht hätten.

Frage: Aus welchen Gründen ist uns nicht mitgeteilt worden, dass schon ab 14.00 Uhr die Gelegenheit zur Akteneinsicht bestand? Aus welchen Gründen hat man uns vor der Tür stehen lassen?

4. Mit Schreiben vom 23.08.2022 hatten wir Sie (unter Hinweis auf die Vorfälle in Harsum, die Berichterstattungen darüber u.a. in der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung vom 22.08./23.08.2022 und im Rundblick vom 23.08.2022 und die von uns am 23.082022 beantragte Beratung) gefragt: „Ist der in den Medien dargestellte Sachverhalt zutreffend, dass Sie wiederholt über einen Zeitraum von 5 Jahren auf die Gefahrenlage hingewiesen worden sind? Wenn ja, wann und in welcher Form haben Sie solche Hinweise erhalten und dazu jeweils welche Maßnahmen getroffen?“

Diese Frage haben Sie bisher nicht sachgerecht geantwortet. In Ihrer Antwort vom 06.09.2022 „sprechen“ Sie von unterschiedlichen Dingen, die mit der Beantwortung unserer Frage nichts zu tun haben (z. B.: „Eine „Gefahrenlage“ als körperliche oder seelische Krisensituation einer psychisch kranken Person“, „Aus einer Krisenintervention ggf. resultierende Folgeeinsätze werden … hinterlegt. In den vergangenen fünf Jahren wurde bzgl. des Betroffenen keine Krise mit entsprechendem Interventionsbedarf dokumentiert.“).

Was eine Gefahr im Sinne des NPsychKG ist, ergibt sich aus § 2 NPOG. Im gesamten NPOG kommen die Worte „Krise“ oder „Krise mit Interventionsbedarf“ nicht vor.

Frage: Werden Sie die o. a. Frage der CDU-Fraktion weitergehender als bisher und vollständig unter Verwendung der gesetzlich vorgegeben Begriffe beantworten?

5. Mit Schreiben vom 15.09.2022 haben wir Sie u. a. gefragt:

„Wann hat der Landkreis in den vergangenen drei Jahren von der Polizei, der Staatsanwaltschaft, dem Betreuungsgericht oder anderen Behörden hinsichtlich ggf. erforderlicher oder bereits getroffener Maßnahmen nach dem NPsychKG Mitteilungen (Anzeigen, Gutachten, Anordnungen usw.) über Gefahrenlagen oder begangene oder angedrohte Straftaten erhalten?

Dazu haben Sie mit Schreiben vom 01.11.2022 geantwortet: „Diese Informationen lassen sich aus der digitalen Akte nicht filtern und sind somit nicht quantitativ erfasst. Weiterhin haben weder die Polizei, noch die Staatsanwaltschaft, noch das Betreuungsgericht oder andere Behörden eine Mitteilungspflicht dem Sozialpsychiatrischen Dienst gegenüber.“

Mit dieser Antwort ist unsere Frage nicht beantwortet worden. Ihre Behauptung, die Polizei habe gegenüber dem Sozialpsychiatrischen Dienst keine Mitteilungspflicht, ist falsch oder zumindest irreführend. Richtig ist, dass der Sozialpsychiatrischen Dienst eine Organisationseinheit des Landkreises ist. Die Polizei ist nach dem NPOG verpflichtet, gemeinsam mit dem Landkreis Gefahren abzuwehren und den Landkreis unverzüglich zu informieren, wenn ihr z. B. Gefahren bekannt werden, die in den Anwendungsbereich des NPsychKG fallen. Im Übrigen haben wir Sie nach Informationen u. a. der Polizei an den Landkreis gefragt; an welche Stelle des Landkreises die Informationen erfolgten, ist dabei ohne Belang.

Frage: Lehnen Sie es ab, unsere Anfrage vollständig zu beantworten? Wird Ihre Absicht, unsere Frage nicht zu beantworten, vom Innenminister und der Sozialministerin gebilligt? Teilt der Innenminister Ihre Auffassung, dass die Polizei gegenüber dem Landkreis oder dem Sozialpsychiatrischen Dienst keine Mitteilungspflicht habe? Welche Mitteilungen hat der Landkreis Hildesheim bzw. sein Sozialpsychiatrischer Dienst von der Polizei über den Betroffenen wann und in welcher Form erhalten? Welche dieser Mitteilungen befinden sich in der sog. digitalen Akte?

Mit freundlichen Grüßen

gez. Friedhelm Prior
Fraktionsvorsitzender

gez. Dirk Bettels
Ausschussvorsitzender
für Jugend, Soziales und Gesundheit

Anlage:

2022_11_07_Anlage zur Anfrage_Gullydeckel-Attacke Harsum_Maßnahmen nach dem NPsychKG_SPDi

088 – Antwort der Verwaltung

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