Bewertung der Grundwassersituation im Umfeld des K+S Werkstandortes „Siegfried Giesen“

Landkreis Hildesheim
Herrn Landrat Bernd Lynack
Marie-Wagenknecht-Str. 3
31134 Hildesheim

 

Hildesheim, 12.09.2022

 

Bewertung der Grundwassersituation im Umfeld des K+S Werkstandortes „Siegfried Giesen“
Anfrage gem. § 56 NKomVG

Anlagen: 2

 

Sehr geehrter Herr Landrat Lynack,

wir bitten Sie um Beantwortung folgender Fragen:

Welche konkreten Leistungen sind aufgrund des Beschlusses des Kreisausschusses vom 07.06.2021 wann, in welcher Form und mit welchen Ergebnissen ausgeschrieben bzw. abgefragt worden? Wer hat dem Büro Altenbockum & Partner, Geologen welchen konkreten Auftrag (im Wortlaut) mit welcher Auftragssumme erteilt? Wer hat über die Erteilung des konkreten Auftrages abschließend entschieden?

Über welche und wann erteilten wasserrechtlichen Erlaubnisse oder Bewilligungen zur Nutzung des Grundwassers können Kali + Salz und welchen anderen Stellen bzw. Personen im Bereich Sarstedt und Giesen derzeit verfügen? Welche Behörde ist für den Widerruf dieser Erlaubnisse oder Bewilligungen nach welcher Vorschrift zuständig? Welche nachträglichen Inhalts- oder Nebenbestimmungen kommen für die o. a. Erlaubnisse oder Bewilligungen in Betracht? Welche konkreten Gründe stehen einem völligen oder teilweisen Widerruf welcher Erlaubnisse oder Bewilligungen entgegen?

Wie viel Grundwasser hat Kali + Salz aus welchen Brunnen und nach welchen Erlaubnissen/Bewilligungen in den vergangenen Jahren für welche Zwecke genutzt? Welche Bewilligung hat Kali + Salz drei Jahre ununterbrochen nicht ausgeübt oder ihrem Umfang nach erheblich (bitte Mengen angeben) unterschritten? Für welche Bewilligung hat Kali + Salz den Zweck der Benutzung so geändert, dass er mit dem Plan (§ 14 Absatz 1 Nummer 2 WHG) nicht mehr übereinstimmt?

Wie und wo hat sich der Grundwasserspiegel in den Bereichen Sarstedt und Giesen in den vergangenen 10 Jahren qualitativ und quantitativ verändert?

Wann und wie ist der Beschluss des Kreisausschusses vom 07.06.2021 zur Beteiligung der Gemeinden, der Landwirtschaft und der Bürgerinitiativen umgesetzt worden?

Wann ist die vom LBEG für das 2. Halbjahr 2021 angekündigte abschließende Gefahrenbeurteilung (siehe Vorlage der Verwaltung 1147/XVII) a) überhaupt und b) beim Landkreis vorgelegt worden?

Begründung:

  1. Nach den Beschlüssen des Kreisausschusses vom 01.03. und 07.06.2021

(siehe Anlagen 1 und 2) war für den Bereich zwischen Giesen und Sarstedt „bei Kali und Salz zu prüfen, ob die erteilen wasserrechtlichen Erlaubnisse noch sachgerecht seien“ (siehe Umweltausschuss vom 22.02.2021). Dies hat nichts zu tun mit dem Planfeststellungsverfahren für die Wiederaufnahme des Betriebs „Siegfried Giesen“ oder der von Kali + Salz am 25.02.2015 beantragten wasserrechtliche Erlaubnis für die Einleitung mineralisierten Wässer in die Innerste.

Kali + Salz verfügt nach unseren Informationen zumindest über ein Wasserrecht aus dem Jahre 1930 für Entnahme von 900 m³ Grundwasser/Tag mit dem Betriebszweck E30 Betriebswasserversorgung, Kühlung (Wasserbuchblatt 3/1038 des LK Hildesheim). Dazu äußerte das LBEG mit Schreiben vom 25.11.2016: „Bei der in Rede stehenden GW-Entnahme handelt es sich um ein altes Recht (wasserrechtliche Sicherstellung vom 18.12.1930). Entsprechend ist dieses (bereits vorhandene) Wasserrecht nicht Gegenstand des Verfahrens. Die Auswirkungen dieser bestehenden Grundwasserentnahme werden als Vorbelastung im Rahmen des hydrogeologischen Gutachtens und der Umweltverträglichkeitsprüfung untersucht.“ Die wasserrechtliche Erlaubnis für Kali + Salz für die Althalde vom 26.06.1995, die bis 31.12.2023 gilt, regelt nur die Einleitung von Abwässern in die Innerste: nicht in das Grundwasser.

In den Ausschussberatungen ist wiederholt auf die Auswirkungen der sinkenden Grundwasserpegel auch für die Landwirtschaft hingewiesen worden.

Gefordert waren also Aussagen darüber, wie und von wem (Landwirte, Kali + Salz, die Gemeinden, Privatpersonen) das Grundwasser zwischen Sarstedt und Giesen genutzt wird und wie es sich in den einzelnen Jahren seit 2010 qualitativ und quantitativ verändert hat sowie bei verschiedenen Szenarien entwickeln wird.

Dazu liefert die „Bewertung geologischhydrogeologischer, hydrologischer und geochemischer Daten“ des Büros Altenbockum & Partner, Geologen vom 29.08.2022 keine ausreichenden Angaben.

  1. Der Hauptverwaltungsbeamte ist nicht beauftragt worden, eine „abschließende Gefährdungs-

sabschätzung“ für die Wiederaufnahme des Betriebs „Siegfried Giesen“ in Auftrag zu geben (siehe Nr. 1. der o. a. Bewertung). Dafür standen und stehen keine Haushaltsmittel zur Verfügung.

Es war und ist auch in keiner Weise erforderlich zu prüfen, ob „zur Unterbindung eines weiteren Austrags aus der Althalde über das Niederschlagswasser in das Grundwasser eine Abdeckung der Alhalde notwendig ist“. Dazu hat sich der Landkreis positioniert und geäußert, dass das für diese wasserrechtliche Entscheidung (durch Erklärung des Einvernehmens) erforderliche Ermessen aufgrund mangelhafter Antragsunterlagen nicht ausgeübt werden kann. Eine solche Ermessensausübung wird in der o. a. Bewertung auch nicht vorgenommen.

Es bedurfte auch keiner Bestätigung der Tatsachen, dass die nachteiligen Auswirkungen der vorhandenen Althalde auf das Grundwasser nachgewiesen sind und aufgrund des Aufbaus der geplanten Rückstandshalde keine vergleichbaren Auswirkungen auf das Grundwasser wie durch die Althalde zu besorgen sind (siehe Nr. 10. der o. a. Bewertung).

  1. Die o. a. Bewertung vom 29.098.2022 enthält u. a. folgende Aussagen:

„Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens der Wiederinbetriebnahme des Hartsalzwerkes Siegfried-Giesen hat sich K+S verpflichtet, die Althalde bis spätestens zum Ende der geplanten Betriebszeit des Werkes (40 Jahre) abzudecken. Langfristig wird mit einer Abdeckung eine weitere Auswaschung von Schadstoffen unterbunden… Zur Unterbindung eines weiteren Austrags aus der Althalde über das Niederschlagswasser in das Grundwasser ist eine Abdeckung der Alhalde notwendig. Zu dieser Abdeckung hat sich der Betreiber bereits im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens verpflichtet.“

Auch darauf bezieht sich die Aussage des Hauptverwaltungsbeamten in der Vorlage 269/XIX vom 5.9.2022: „Aus Sicht der Verwaltung sind die vom Gutachter vorgenommenen Bewertungen, Schlussfolgerungen und Empfehlungen plausibel und nachvollziehbar… Die Verwaltung wird dieses Gutachten und die damit ausgesprochenen Empfehlungen daher an das LBEG zur weiteren Verwendung übersenden.“

Diese Auffassung und angekündigte Verfahrensweise widerspricht der vom Landrat und Kreistag vertretenen Auffassung und der Beschlusslage.

Am 30. März 2017 hat der Kreistag beschlossen, sich

„ … die Entscheidung über das Einvernehmen nach § 19 WHG für die Erlaubnis zur Abwassereinleitung in die Innerste und zu anderen wasserrechtlichen Erlaubnissen … „ vorzubehalten.

Gem. diesem Beschluss hat der Hauptverwaltungsbeamte die vom Kreistag beschlossene Positionen zu vertreten: keine anderen.

Herr Umweltminister Lies hat den Landrat entgegen § 170 Abs. 1 Satz 3 NKomVG mit seiner Weisung vom 05.11.2018 gezwungen, gegenüber dem Bergamt das Einvernehmen für die Wiederinbetriebnahme des Werkes „Sigfried Giesen“ bis zum 20.11.2018 auszusprechen. Der Landrat ist der Weisung am 19.11.2018 gefolgt, hat aber dem Herrn Umweltminister noch am 19.11.2918 berichtet: „… bleibt mir zum Schluss nur noch einmal Ihnen mitzuteilen, dass aus unserer Sicht aufgrund unzureichender Antragsunterlagen eben noch keine abschließende Ermessensausübung nach dem Wasserrecht erfolgen kann. Hierzu verweise ich auf die in dieser Sache an Sie gerichteten Schreiben, E-Mails und sonstigen Mitteilungen sowie die Beschlüsse der Kreisgremien.“ Diese Position des Landrates wird bekräftigt durch den Kreistagsbeschluss vom 06.12.2018. Dies betraf auch die Frage, ob die Althalde zu beseitigen oder bis zum Ende der geplanten Betriebszeit des Werkes (40 Jahre) abzudecken sei.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Friedhelm Prior
Fraktionsvorsitzender

2022_09_12_Anlage 1 zur Anfrage_Grundwassersituation Kali und Salz

2022_09_12_Anlage 2 zur Anfrage_Grundwassersituation Kali und Salz

081 – Zwischennachricht v. 05.10.22

081 – Antwort der Verwaltung

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